Sandmanns Grab
21.06.2020 - Landwüst
Der Sandmann Ernst Köhler wurde am 11.01.1893 in Wernersreuth geboren. Er wurde trotz seiner geistigen Beschränktheit bei Kriegsausbruch 1914 zum Wehrdienst eingezogen und kam nach Eger. In der Kaserne verblieb er aber nicht lange. Köhler wurde zwar für Arbeiten eingesetzt, wo er nicht groß zu denken brauchte und was ihm zuzumuten war, aber schließlich musste er trotz "Tauglichkeit" entlassen und das Musterungsergebnis annulliert werden.
Köhler genannt "Gockl Ernst", grüßte eines Tages beim Kehren des Kasernenhofes einen vorbeigehenden Hauptmann nicht. Als dieser ihn deswegen zur Rede stellte und fragte, ob er nicht wisse, wer er sei, gab der "Gockl Ernst" treuherzig zur Antwort: "Kinnst ma scha bekannt via - bist leit vo Hosla?" Daraufhin verzichtete man auf die weiteren Dienste des Ernst Köhler und schickte ihn wieder heim, in der Meinung, dass er in seiner Sandbetriebsgesellschaft eine nutzbringendere Tätigkeit ausüben würde. Ausgemustert, nahm er seine Tätigkeit als Sandmann wieder auf. In seinem Heimatort Wernersreuth war er auf Grund seiner Ehrlichkeit und Treuherzigkeit beliebt. Der Sandverkauf führten aber vorwiegend seine Mitgefährten aus, und Ernst verblieb beim Karren.
Die letzte Hetz, die mit dem Köhler getrieben wurde, war am 19. Juni 1922 in einer Gaststätte in Wernitzgrün. Wiederum machten die Leute ihr Gaudl in der Gaststätte mit dem "Soadmoa". Von Zechern betrunken gemacht, trieben sie "Schindluder" mit dem Gockl Ernst. Von der Stirne bis zum Nacken schorte man ihm einen Streifen. Die Zecher hatten zwar einen riesiegen Spaß daran, aber sie konnten nicht ahnen, welche Tragödie sich anbahnte. Betrunken und geschändet begab sich der Sandmann Ernst Köhler von der Gaststätte weg in Richtung Landwüst. Auf diesem Wege hat er sich unmittelbar neben dem Streitwaldweg auf Landwüsterflur erhängt. Am 20. Juni 1922 wurde die Leiche von einem Anwohner aus Wernitzgrün gefunden.